Vorwort: Michael Mahler "velbertbloggt"
Eine Millionen Sanktionen wurden im vergangenen Jahr von den Jobcentern gegen betroffenen Menschen ausgesprochen. Der Löwenanteil der Sanktionen, wurde wegen Meldeversäumnisse verhängt. Dabei stützen sich die Mitarbeiter der Jobcenter grundsätzlich auf die Gesetzesgrundlage (SGB II) im Hartz IV Bezug.
Allerdings haben die Mitarbeiter der Jobcenter auch einen Ermessensspielraum, der aber meistens nicht genutzt wird, stattdessen wird sofort zum Bestrafungswerkzeug Sanktion gegriffen. Desto schwieriger ein sogenannter Fall ist, also Menschen die wirklich nicht mehr arbeiten können und somit für die Sachbearbeiter der Behörde als schwer vermittelbar gelten, je eher wird sanktioniert.
In den meisten Fällen ist eine solche Sanktion rechtswidrig und den Opfern (Hartz IV-Empfänger) bleibt nichts anderes übrig, als den Klageweg zu gehen. Die meisten Klagen wegen Sanktionen, gehen vor der Sozialgerichtsbarkeit zugunsten der Kläger aus. Unter dem Strich, Sanktionen sind grundsätzlich rechtswidrig, da ein Existenzminimum einfach nicht zu kürzen ist. Aber auch sind Sanktionen absolut Sinnlos, denn wer arbeiten will, der sucht sich auch eine Arbeit. Wer nicht mehr arbeiten kann, dem helfen auch keine Sanktionen. Der geringe Anteil von erwerbslosen Menschen die nicht arbeiten wollen, findet sich mit einer Sanktion ab.
Anzumerken sei noch, Jobcenter Mitarbeiter sind nicht im Schutz zu nehmen, auch sollte man mit denen kein Mitleid haben. Die haben sich ihren Job freiwillig ausgesucht.
Ein Video dazu, dass die Problematik detailliert aufgreift, gibt Aufschluss zu dem menschenverachtenden und rechtswidrigen Bestrafungssystem (Sanktionen) im Hartz IV Bezug.
Originaltext:
Ungerecht: Die Sanktionen der Jobcenter
Mit ihrem Leben als Erwerbslose haben sich Sabine und Hans-Günter K. aus Hildesheim arrangiert. Beide sind schwer krank, ihnen bleibt nur Hartz IV. Sie kommen über die Runden - auch, wenn das Geld oft knapp ist. Doch dann kommt plötzlich ein Bescheid vom Jobcenter. Das kündigt eine Reduzierung der Leistungen an. Hintergrund der Kürzungen: Ein Streit darüber, wie krank das Ehepaar wirklich ist. Denn die Zahlungen stehen ihnen nur zu, wenn sie nicht mehr arbeiten können.Für das Ehepaar K. ein finanzielles Desaster. "Das ist nur noch Verzicht, nur noch Verzicht. Es ist wirklich nur das Nötigste an Lebensmitteln zu kaufen dafür. Und dann eben die Miete, die Miete ist das Allerwichtigste", erzählt Sabine K. Panorama3.
Das Ehepaar fühlt sich vom Jobcenter schikaniert. Hinter den Kürzungen vermuten sie einen bestimmten Sachbearbeiter. Denn sie haben gegen den Mitarbeiter eine Dienstaufsichtsbeschwerde gestellt. Jetzt nutze der seinen Ermessensspielraum, so die Annahme ihres Anwalts.
Für Klaus Dörre, Professor für Soziologie an der Universität Jena, spielt in solchen Fällen vor allem die Überforderung der Sachbearbeiter eine Rolle: "Je schwieriger gewissermaßen die Vermittlungsfälle sind - also wenn Menschen wirklich nicht mehr können, sind das schwierige Fälle auf Seiten der Sachbearbeiter - desto größere Probleme machen sie und desto eher neigt man eben dazu zu sanktionieren. Bringen tut das überhaupt nichts. Es führt dazu dass solche Menschen zusätzlich drangsaliert und entwürdigt werden."
Gegenüber Panorama 3 bestreitet das Jobcenter Hildesheim diesen Zusammenhang. Im Fall des Ehepaares K. halte man sich streng an das Gesetz.
Regelrechtes Bestrafungssystem
Kritiker bemängeln, dass vor allem mit dem Werkzeug der Sanktionen in den letzten Jahren in den Jobcentern ein regelrechtes Bestrafungssystem entstanden sei. Wer nicht spure, dem würden Leistungen gekürzt. Und bestraft wird reichlich. Zwischen Juni 2013 und Mai 2014 wurden mehr als eine Millionen Sanktionen verhängt, rund 74 Prozent wegen so genannter Meldeversäumnisse. Also dann, wenn sich ein Betroffener nicht fristgerecht beim Jobcenter zurückgemeldet hat.
Für Klaus Dörre ist dieses Sanktionssystem sinnlos. Wer arbeite wolle, tue ohnehin alles, um einen Job zu bekommen. Denjenigen, die nicht mehr arbeiten könnten, würden die Sanktionen nicht helfen und die kleine Gruppe von Menschen, die nicht arbeiten wollten, könnte sich auch mit Sanktionen arrangieren.
Viele Sanktionen nicht rechtens
Hinzu kommt: Ein nicht unerheblicher Teil der verhängten Sanktionen sind rechtswidrig. Wer in Niedersachsen wegen Hartz IV klagt, gewinnt in rund 35 Prozent den Prozess teilweise oder ganz.
Für Klaus Dörre ist die Konsequenz klar: "Die Tatsache, dass viele Sanktionen nicht rechtens sind zeigt, dass das ganze System eigentlich am Rande der Rechtsstaatlichkeit operiert. Und wenn das so ist, dann muss man es dringend verändern. Und dazu würde gehören, dass man die Sanktionen einfriert oder am besten ganz abschafft ".
Video und Textquelle (YouTube): Ungerecht: Die Sanktionen der Jobcenter
Autor: Michael Molli
Videoquelle: ARD Mediathek
Sender: NDR (Panorama3)