Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Verwandte müssen in "Hartz IV“ Prozessen aussagen
10.11.2014
Essen. Der 19. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen hat ein Zeugnisverweigerungsrecht der Mutter und des Stiefvaters eines Antragstellers in einem "Hartz IV“-Prozess verneint.
Der Kläger, ein Langzeitarbeitsloser aus Köln, macht beim Sozialgericht Köln Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber dem Jobcenter Köln geltend. Dieses lehnte Leistungen ab, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Das Einkommen seines Stiefvaters decke auch den Bedarf des Klägers. Im Klageverfahren macht der Kläger geltend, er könne keine Angaben zu den Einkommens-verhältnissen seiner Mutter und seines Stiefvaters machen.
Das Sozialgericht Köln wollte die Mutter und den Stiefvater als Zeugen vernehmen. Diese beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandte bzw. Ehegatten von Verwandten. Das Sozialgericht hat festgestellt, dass weder die Mutter noch der Stiefvater ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Das Landessozialgericht hat dies nunmehr bestätigt. Grundsätzlich sei jeder verpflichtet, vor Gericht als Zeuge auszusagen, es sei denn, das Gesetz räume ihm ausdrücklich ein Recht ein, die Aussage zu verweigern. Grundsätzlich hätten zwar in gerader Linie Verwandte und Verschwägerte ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dies gelte jedoch nicht, wenn es um familiäre Vermögensangelegenheiten geht. Unter derartige familiäre Vermögensangelegenheiten falle auch die Frage, über welches Einkommen bzw. Vermögen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft verfügen, wenn dieses ggfs. auf den "Hartz IV“- Anspruch anzurechnen sei.
Die Entscheidung ist aufgrund der großen Zahl familiärer Bedarfsgemeinschaften von hoher praktischer Relevanz.
Die Beschlüsse (L 19 AS 1880/14 B; L 19 AS 1906/14 B) sind rechtskräftig.
Quelle: Presseservice des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen