Wir alle kennen dass, manchmal will oder muss man aus seiner alten Wohnung aus unterschiedlichsten Gründen ausziehen. Somit entsteht ein Umzug in einer neuen Wohnung. Trotz Umzugsstress, für die meisten Leute kein Problem. Für Menschen die im Hartz-IV-Bezug sind, wird ein Umzug allerdings zur Tortur.
Nicht genug damit, das Hartz-IV leistungsberechtigte Menschen dem zuständigen Jobcenter den Umzug in einer neuen Wohnung bis ins kleinste Detail rechtfertigen müssen, kommt Schlag auf Schlag gleich ein weiteres gravierendes Problem auf betroffene Menschen zu.
Jobcenter deren Zuständigkeit durch den Umzug in einer neuen örtlichen Zuständigkeit eines anderen Jobcenters erlischt, stellen die Zahlungen bei Bekanntgabe des Umzugs sofort ein. Der Hartz-IV-Bezieher soll dann nach Angabe des alten zuständigen Jobcenters bei dem neuen Jobcenter, einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (ALG II / Hartz-IV) stellen.
Durch dieses gängige Prozedere der Jobcenter, entstehen Ausfallzeiten der Zahlungen für Hartz-IV betroffene Menschen, die das Geld aber dringend brauchen, etwa für Lebensmittel. Die Jobcenter verhalten sich außerdem mit dieser gängigen Praxis nicht zulässig. Laut Sozialgesetzbuch X ist eine solche Praxis der Jobcenter nicht zulässig.
Rechtsanwalt Kay Füßlein ansässig in Berlin berichtet auf seinem Webblog über die juristischen Hintergründe zu dieser Problematik.
(Michael Mahler)
Zitat original Bericht von Rechtsanwalt Kay Füßlein:
Keine Einstellung der Leistung beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit
Wenn ein Leistungsempfänger die örtliche Zuständigkeit wechselt (und in Berlin ist dies der Fall, wenn man in einen anderen Bezirk verzieht), so werden in der Regel bereits bei der Anzeige des Umzuges die Leistungen durch das “alte” JobCenter eingestellt. Man solle doch bitte einen Leistungsantrag beim “neuen” JobCenter stellen.Dies kann funktionieren, muß aber nicht.
Insbesondere wenn das JobCenter im zuziehenden Bezirk hoffnungslos überlastet ist- immerhin muß ein neuer Hauptantrag gestellt werden- , kann es bis zu mehreren Monaten dauern, bis das neue JobCenter leistet.
Das Sozialgesetzbuch X sieht hier bereits ganz weit vorne, nämlich in § 2 SGB X eine eindeutige Leistungszuweisung an das “alte” JobCenter vor:
Hat die örtliche Zuständigkeit gewechselt, muss die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch solange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden.
Leider war diese Vorschrift dem JobCenter nicht bekannt. Und da sich in vorliegenden Fall das JobCenter M. auch nicht durch einen übersandten ähnlichen Beschluss des SG Berlin (in dem auch das JobCenter N. beteiligt war) überreden ließ, die Leistungen ohne streitige Entscheidung zu zahlen, musste das SG Berlin mit Beschluss vom 11.09.2014 diese Subsumtionsarbeit nochmals leisten.
Das SG Berlin stellt in seinem Beschluss vom 11.09.2014 S147 AS 20920/14 dann auch fest:
§ 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X enthält eine eigenständige materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage,in dem die Vorschrift einen Leistungsanspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem bisherigen, nunmehr unzuständig gewordenen Leistungsträger begründet (von Wulffen/Schütze,SGB X, Kommentar zum SGB X, 8. Auflage 2014, § 2 Rdn. 15). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, eine typischerweise bei einem Zuständigkeitswechsel eintretende Unterbrechung der Leistung an den Leistungsempfänger zu verhindern und einen nahtlosen Übergang der Leistungsgewährung zu erreichen (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 8/2034 zu Art. 1 §2; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 12.04.2011 – L 6 AS 45/10; zitiert nach juris)
Beschluss des SG Berlin Beschluss vom 11.09.2014 S147 AS 20920/14
Quelle und mit freundlicher Genehmigung:
http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/?p=627
http://www.ra-fuesslein.de
Bild: screenshot Webblog „Kay Füßlein“
Ein fettes DANKESCHÖN an Rechtsanwalt Kay Füßlein aus Berlin.
(Michael Mahler)