Kurz nach meiner Wahl in den Deutschen Bundestag habe ich engagierte
Menschen aus der Erwerbslosenbewegung zu einem Ratschlag eingeladen. Wir
haben diskutiert, wie man Hartz IV abschaffen und das Recht auf Wohnen
stärken kann. Denn der Kampf gegen Hartz IV war, ist und bleibt für DIE
LINKE wichtig; er wird mit parlamentarischen und außerparlamentarischen
Mitteln geführt – im Bündnis mit sozialen Bewegungen, Initiativen und
Gewerkschaften.
In den vergangenen vier Jahren haben wir manchen Erfolg erzielt. Hartz-IV-Beziehende werden nicht mehr so oft zwangsverrentet. Die Verpflegung bei Krankenhausaufenthalten wird weniger stark vom Regelsatz abgezogen. Auch Einkommen, das Schülerinnen und Schüler in den Schulferien verdienen, wird nicht angerechnet. In Fachgesprächen haben Expertinnen und Experten zudem unsere Auffassung bestätigt, wonach die Sonderbehandlung von Menschen unter 25 Jahren verfassungsrechtlich bedenklich ist.
Auch jenseits der Parlamente haben wir für unsere Ziele in der Öffentlichkeit geworben. Mit vielen anderen habe ich das Bündnis für ein Sanktionsmoratorium gegründet, in dem sich Erwerbslose sowie Menschen aus Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften engagieren. Bevor im Parlament über die Abschaffung der Sanktionen debattiert und abgestimmt wurde, habe ich mit sieben erwerbslosen Menschen gesprochen und diese Interviews im Internet veröffentlicht. Aktuelle Zahlen und Fakten zu Hartz IV wurden regelmäßig in Dossiers zusammengefasst und auf meiner Homepage publiziert.
Grundsätzliche Änderungen an Hartz IV aber hat die Mehrheit der Fraktionen im Bundestag verhindert. Schließlich hatten CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP diese Gesetze einst gemeinsam beschlossen. Abgelehnt wurde beispielsweise unser Antrag, alle Sanktionen bei den Grundsicherungen abzuschaffen, obwohl Expertinnen und Experten sowie Betroffene zuvor auf einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss die Verfassungskonformität der Sanktionen bezweifelt hatten.
Auch für höhere Regelsätze haben wir uns eingesetzt. Als im Februar 2010 das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Grundgesetz ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert, war die Regierung gezwungen, die Regelsätze neu zu ermitteln. Zusammen mit Sozialverbänden und Betroffenenzusammenschlüssen habe ich eine eigene Expertise zur Regelsatzhöhe erstellt. Wir haben aufgedeckt, wie die Bundesregierung bei ihrer Berechnung getrickst hat, um erwerbslosen Menschen möglichst wenig Geld zu zahlen. Trotzdem hat die SPD im Bundesrat der neuen Kalkulation der Regierung zugestimmt. Aber dass ein Teil der Bevölkerung weiterhin an der Rechtmäßigkeit der Berechnung zweifelt, ist auch unser Verdienst. Wie viele Menschen in Deutschland bleiben wir überzeugt: Hartz IV ist Armut per Gesetz.
Und wir haben im Bundestag immer wieder konkrete Alternativen zu Hartz IV benannt: die individuelle, sanktionsfreie Mindestsicherung, die erwerbslosen Menschen und ihren Familien ein würdevolles Leben ermöglicht, sowie eine eigenständige Grundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen, ergänzt um kostenlose Schulverpflegung, Förderangebote und unbürokratische Regelungen bei zusätzlichem Bedarf.
Viele dieser Forderungen werden von Wohlfahrtsverbänden, Betroffeneninitiativen und Gewerkschaften getragen. Wir hoffen, dass sie uns unterstützen, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode diese Konzepte in die politische Diskussion einbringen und im Bundestag zur Abstimmung stellen. Denn nur gemeinsam können wir das politische Klima verändern und das Leben der Menschen verbessern.
Katja Kipping ist Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Partei DIE LINKE
Quelle und mit freundlicher Genemigung:
DIE LINKE. Im Bundestag / linksfraktion.de »
Das komplette Heft „Clara“ kein hier online gelesen werden.
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In den vergangenen vier Jahren haben wir manchen Erfolg erzielt. Hartz-IV-Beziehende werden nicht mehr so oft zwangsverrentet. Die Verpflegung bei Krankenhausaufenthalten wird weniger stark vom Regelsatz abgezogen. Auch Einkommen, das Schülerinnen und Schüler in den Schulferien verdienen, wird nicht angerechnet. In Fachgesprächen haben Expertinnen und Experten zudem unsere Auffassung bestätigt, wonach die Sonderbehandlung von Menschen unter 25 Jahren verfassungsrechtlich bedenklich ist.
Auch jenseits der Parlamente haben wir für unsere Ziele in der Öffentlichkeit geworben. Mit vielen anderen habe ich das Bündnis für ein Sanktionsmoratorium gegründet, in dem sich Erwerbslose sowie Menschen aus Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften engagieren. Bevor im Parlament über die Abschaffung der Sanktionen debattiert und abgestimmt wurde, habe ich mit sieben erwerbslosen Menschen gesprochen und diese Interviews im Internet veröffentlicht. Aktuelle Zahlen und Fakten zu Hartz IV wurden regelmäßig in Dossiers zusammengefasst und auf meiner Homepage publiziert.
Grundsätzliche Änderungen an Hartz IV aber hat die Mehrheit der Fraktionen im Bundestag verhindert. Schließlich hatten CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP diese Gesetze einst gemeinsam beschlossen. Abgelehnt wurde beispielsweise unser Antrag, alle Sanktionen bei den Grundsicherungen abzuschaffen, obwohl Expertinnen und Experten sowie Betroffene zuvor auf einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss die Verfassungskonformität der Sanktionen bezweifelt hatten.
Auch für höhere Regelsätze haben wir uns eingesetzt. Als im Februar 2010 das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Grundgesetz ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert, war die Regierung gezwungen, die Regelsätze neu zu ermitteln. Zusammen mit Sozialverbänden und Betroffenenzusammenschlüssen habe ich eine eigene Expertise zur Regelsatzhöhe erstellt. Wir haben aufgedeckt, wie die Bundesregierung bei ihrer Berechnung getrickst hat, um erwerbslosen Menschen möglichst wenig Geld zu zahlen. Trotzdem hat die SPD im Bundesrat der neuen Kalkulation der Regierung zugestimmt. Aber dass ein Teil der Bevölkerung weiterhin an der Rechtmäßigkeit der Berechnung zweifelt, ist auch unser Verdienst. Wie viele Menschen in Deutschland bleiben wir überzeugt: Hartz IV ist Armut per Gesetz.
Und wir haben im Bundestag immer wieder konkrete Alternativen zu Hartz IV benannt: die individuelle, sanktionsfreie Mindestsicherung, die erwerbslosen Menschen und ihren Familien ein würdevolles Leben ermöglicht, sowie eine eigenständige Grundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen, ergänzt um kostenlose Schulverpflegung, Förderangebote und unbürokratische Regelungen bei zusätzlichem Bedarf.
Viele dieser Forderungen werden von Wohlfahrtsverbänden, Betroffeneninitiativen und Gewerkschaften getragen. Wir hoffen, dass sie uns unterstützen, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode diese Konzepte in die politische Diskussion einbringen und im Bundestag zur Abstimmung stellen. Denn nur gemeinsam können wir das politische Klima verändern und das Leben der Menschen verbessern.
Katja Kipping ist Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Partei DIE LINKE
Quelle und mit freundlicher Genemigung:
DIE LINKE. Im Bundestag / linksfraktion.de »
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