Man hört es sehr oft dass Leute ein Praktikum absolvieren müssen bevor sie eine Festanstellung in einem Betrieb antreten können. Besonders Menschen die eine Umschulung genehmigt bekommen haben und diese antreten wollen, müssen vorab ein Praktikum in ihrem ausgesuchten Beruf absolvieren.
Dagegen ist im eigentlichem Sinne auch nichts einzuwenden, damit man einen Eindruck der Anforderungen und Tätigkeiten in seinem ausgesuchten Beruf den man z. B. per Umschulung lernen möchte. Immerhin kostet eine Umschulung schon ein paar Tausend Euro. Allerdings dauert ein Praktikum circa zwei bis vier Wochen.
In einem Fall einer Frau aus Nordrhein-Westfalen, dauerte das Praktikum allerdings acht Monate. Die Frau kalkte auf rückwirkendes Arbeitsentgelt und verlor vor Gericht.
(Michael Mahler)
Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder ansässig in 71638 Ludwigsburg berichtet auf seiner Webseite über die juristischen Hintergründe zu diesem Fall.
Zitat original Bericht von Rechtsanwalt Thomas Blaufelder
Praktikantin “verliert” in zweiter Instanz 17. 280 EUR
Absolvieren Arbeitsuchende im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme ein Praktikum, können sie auch für ihre reguläre Arbeit keinen Tariflohn verlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Praktikanten Leistungen von der Arbeitsagentur erhalten haben, urteilte am Freitag, 17.10.2014, das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (AZ: 1 Sa 664/14).
Im konkreten Fall hatte sich die Klägerin in Bochum um einen Ausbildungsplatz als Verkäuferin in einem Supermarkt beworben. Die Hauptschülerin erklärte sich bereit, dort ein Praktikum zu absolvieren.
Das Praktikum war als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme gedacht, bei der Arbeitsuchende an die Arbeit herangeführt werden sollen. Träger der Maßnahme war das „Bildungszentrum des Handels e. V.“, der der jungen Frau für die Praktikumsdauer einen monatlichen Zuschuss für eine Monatsfahrkarte für Bus und Bahn zahlte. Der Supermarkt-Betreiber hatte zudem mit dem Verein einen „Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums“ abgeschlossen. Die Schülerin erhielt einen „Praktikumsvertrag“.
Geld gab es auch von der Bundesagentur für Arbeit, die die Praktikantin mit einer Berufsausbildungsbeihilfe förderte.
Das zunächst nur für einen Monat gedachte Praktikum wurde jedoch immer weiter verlängert. Die Klägerin arbeitete so vom 25.10.2012 bis 04.07.2013. An acht Tagen nahm sie an einem Unterricht des Trägervereins teil.
Die Praktikantin fühlte sich schließlich ausgenutzt. Sie habe in dem Supermarkt reguläre Arbeit geleistet, für die sie angemessen bezahlt werden wolle. Nicht die Ausbildung, sondern die Arbeitsleistung habe im Vordergrund gestanden. Daher habe sie Anspruch auf Tariflohn, zehn Euro brutto die Stunde. Da sie 1.728 Stunden gearbeitet habe, stünden ihr 17.280,00 € zu.
Der Arbeitgeber bestritt die Angaben. Hier habe es sich zudem um eine berufsvorbereitende Eingliederungsmaßnahme gehandelt, für die keine Vergütungspflicht bestehe.
Das Arbeitsgericht Bochum gab der Praktikantin noch recht und sprach ihr den gewünschten Geldsegen zu. Hier habe kein bloßes Praktikantenverhältnis, sondern ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden. Die Frau habe „verwertbare Arbeitsleistungen“ erbracht und sei als vollwertige Arbeitskraft eingesetzt worden. Der Arbeitgeber habe nicht dargetan, welche Fähigkeiten oder Tätigkeiten die Klägerin in dem Praktikum lernen sollte.
Das LAG hob diese Entscheidung nun auf. Die Klägerin habe zwar auch reguläre Arbeit geleistet. Dies sei allerdings im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses geschehen. So habe sie für das Absolvieren der berufsvorbereitenden Maßnahme Leistungen der Arbeitsagentur erhalten. Auch sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, im Supermarkt anwesend zu sein.
Quelle und mit freundlicher Genehmigung:
http://www.kanzlei-blaufelder.com/praktikantin-17-280-arbeitsrecht-mediation-ludwigsburg/
Ein fettes DANKESCHÖN an Rechtsanwalt Thoms Blaufelder aus 71638 Ludwigsburg.
(Michael Mahler)
Update: 20.Oktober 2014 / 17:21 Uhr
Landesarbeitsgericht Hamm: Praktikantin fordert Arbeitsentgelt für achtmonatige Tätigkeit im Einzelhandel - Klage abgewiesen
Urteil vom 17.10.2014
Pressemitteilung des LAG Hamm:
Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Pressemittteilung Nr. 21.
Die 1. Kammer hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abgeändert und die Klage abgewiesen.Nach Auffassung der Kammer steht der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt zu, da zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Zwar habe die Klägerin jedenfalls teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten verrichtet. Dies sei allerdings im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses geschehen. Die Klägerin habe als Teilnehmerin einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit das Praktikum absolviert und in dieser Zeit Leistungen der Arbeitsagentur erhalten.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Quelle:
http://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/17_10_2014_/index.php